Nachhaltiges, auf Generationen hin ausgerichtetes Denken und Handeln, prägt seit jeher diese Wirtschaftsweise. Eine Studie der Universität für Bodenkultur in Wien zeigt auf, dass Heumilchbauern entscheidend zum Schutz der Umwelt und zur Artenvielfalt beitragen.
Aufgrund der traditionellen wirtschaftlichen Nutzung der Berggebiete und Almen durch Heumilchbauern wird verhindert, dass sich der Wald willkürlich auf Wiesen und Weiden ausbreiten kann. Die Wege bleiben offen und die Landschaft wird gepflegt. Nur so kann der Weiterbestand von vielen seltenen Pflanzenarten ermöglicht werden.
Durch das regelmäßige Mähen und Weiden entstehen gepflegte Wiesen mit kurzem Bewuchs, die den Schnee besser halten. Die durch die Bewirtschaftung vorhandene hohe Pflanzenvielfalt sorgt für einen tief verwurzelten Grasteppich, der auch ungünstigen Witterungsbedingungen standhält und Erdrutschen besser entgegenhalten kann. Unbewirtschaftete Wiesen mit langen, ungemähten Gräsern werden von der Schneelast zu Boden gedrückt und sind ideale Rutschrampen, auf denen sich Schneebretter leicht lösen und zur unberechenbaren Lawinengefahr werden können.
Im Sommer bewirtschaften unsere Bergbauern neben Grünland zusätzlich die Almflächen. Gerade in den Steil- und Berglagen der Alpenregionen ist dabei viel Handarbeit notwendig. Ohne die wertvolle Arbeit der Bergbauern wäre unsere Kulturlandschaft in den Bergen, wie wir sie heute kennen, innerhalb von 60 bis 80 Jahren aufgrund von Verdunkelung verschwunden. Das Bewirtschaften der Grünflächen verhindert auch Umweltkatastrophen wie Murenabgänge und Erdrutsche.
Heumilchkühe verbringen viel Zeit auf Wiesen, Weiden und Almen. Durch das Grasen der Grünflächen geben diese den Pflanzen Wachstumsimpulse. Dadurch ist keine permanente Nachsaat notwendig. Außerdem sorgt die hohe Pflanzendichte auf den von Heumilchbauern bewirtschafteten Wiesen dafür, dass weniger Düngemittel als bei intensiv genutzten Flächen eingesetzt werden müssen.
Um die Artenvielfalt auf der Wiese zu erhalten bzw. zu fördern, lassen Heumilchbauern ihre Wiesen länger reifen und haben um ein bis zwei Schnitte weniger. Gemäht wird erst, wenn eine Vielzahl von Gräsern und Kräutern in voller Blüte steht und die Artenvielfalt am größten ist.
Auch weniger ertragreiche Flächen wie Magerwiesen, Trockenrasen oder Nasswiesen, die man häufig im Berggebiet antrifft, werden von Heumilchbauern bewirtschaftet. Auf diesen Wiesen, Weiden und Almen gedeiht eine große Anzahl an unterschiedlichen Gräsern und Kräuterarten. Die Grünflächen sind ein wahres Schlaraffenland für unsere Heumilchkühe und werden durch die Heuwirtschaft gepflegt.
Bei der Heuwirtschaft werden die Mähzeitpunkte zeitlich gestaffelt und räumlich unterschiedlich über die Flächen gestreut. Durch diese kleinflächige, mosaikartige Bewirtschaftungsweise der Heumilchbauern werden nie alle Grünflächen auf einmal gemäht, sondern in einzelnen Wellen bewirtschaftet. Das bietet vor allem vielen Tieren wie der Biene, der Hummel oder dem Niederwild einen geeigneten Lebensraum. Denn so bleiben wichtige Nahrungsquellen und Rückzugsmöglichkeiten erhalten, bis auf den bereits gemähten Wiesen wieder ein ausreichend hoher Aufwuchs steht.
Die traditionelle Dreistufen-Landwirtschaft in Vorarlberg gilt mittlerweile als immaterielles UNESCO-Weltkulturerbe. Die Familien ziehen mit ihren Tieren vom Hof zuerst auf eine niedrig gelegene Alm – dem sogenannten Vorsäß auf etwa 1.200 bis 1.600 Meter. Im Juli wandern sie weiter auf die Alpe, die zwischen 1.600 und 2.000 Meter liegt. Dort verbringen sie den Sommer, bevor sie im September wieder zum Vorsäß und anschließend ins Tal zurückkehren. Diese Mobilität zwischen drei Höhenlagen ermöglicht es, dass die Tiere das ganze Jahr über mit frischem Gras und Heu gefüttert werden können.
In der industrialisierten Landwirtschaft werden Nutztiere immer mehr zum direkten Nahrungskonkurrenten des Menschen. So landet in den Futtertrögen von Schweinen, Geflügel und Rindern mittlerweile mehr als ein Drittel der gesamten globalen Getreideernte. Aber stärke- und eiweißreiche Nahrung wie Getreide, Soja oder Mais steht auch auf unserem Speiseplan.
Rinder benötigen diese Art von Nahrung nicht – weder um gesund und vital zu bleiben noch zur Produktion von Milch. Mais oder Sojabohnen werden nur verfüttert, um sehr hohe Milch- bzw. Fleischleistungen zu erlangen. Der Verdauungstrakt einer Kuh ist so aufgebaut, dass er Gräser und Kräuter im frischen, aber auch im getrockneten Zustand als Heu verarbeiten kann. Kühe können das Eiweiß und die Energie in Form von Gras und Heu direkt von den Wiesen verwerten und gleichzeitig für den Menschen hochwertige Lebensmittel erzeugen. Die Heumilchbauern sagen deshalb: Den Kühen das Gras, den Menschen das Getreide!
Wasser ist die wichtigste Ressource für das Leben auf der Erde. Ihre Erhaltung und Schonung wird immer wichtiger.
Der Wasserfußabdruck der Milch hängt sehr stark vom System ab, in dem die Milch produziert wird. Werden Milchkühe nur im Stall gehalten und mit großen Mengen an zugekauften Futtermitteln – wie Sojabohnen, Mais und Getreide – versorgt, die oft über weite Strecken transportiert werden, erhöht sich der Wasserfußabdruck deutlich. Milchproduktion auf Basis lokal erzeugten Grünlandfutters wie Gras und Heu verringert den Wasserfußabdruck der Milch und trägt daher zur Schonung der Ressource Wasser bei.
Das Wohlbefinden der Kühe ist Heumilchbauern ein besonderes Anliegen, um die Tiere gesund und leistungsfähig zu halten. Aufgrund der kleinbäuerlichen Struktur kümmern sich Heumilchbauern im Schnitt um etwa zehn Kühe, die sie liebevoll beim Namen nennen. In unseren Bergregionen werden viele Heumilchkühe im Sommer gealpt und im Frühjahr und Herbst auf die Weide getrieben, um die Tiere in Bewegung zu halten.
Auf dem Menüplan einer Heumilchkuh stehen jede Menge verschiedener Gräser und Kräuter – im Sommer durch die vielfältigen Futterpflanzen auf den Wiesen und Weiden, im Winter durch das unvergleichlich duftende Heu. Dieses aroma- und artenreiche Futter trägt maßgeblich zur Qualität der Milch bei, die wiederum der Rohstoff für viele Käse- und Milchspezialitäten ist. Zahlreiche Geschmackstests und Blindverkostungen bestätigen das.
Heumilch eignet sich besonders gut für die Käseherstellung. Durch den konsequenten Verzicht auf vergorene Futtermittel kann Käse ohne Zusatz von Konservierungsmitteln und ohne intensive mechanische Behandlung hergestellt werden. Außerdem ist bei länger gereiften Käsesorten die Güte der Milch besonders wichtig. Nur aus einem hochwertigen Rohstoff lässt sich Käse herstellen, der für eine längere Reifung geeignet ist. Heumilch besitzt diese Eigenschaft und ist daher der ideale Rohstoff für Käsespezialitäten.
Die nachhaltige Grünlandnutzung der Heuwirtschaft führt zu einem hohen Humusgehalt im Boden. Dieser bildet sich ganz natürlich durch abgestorbene Pflanzenteile im Grünland. Humus ist aufgrund seines hohen Kohlenstoffgehaltes ein sehr guter Speicher für Kohlendioxid. Er bindet die im Boden liegenden enormen Mengen an CO2, die sonst in die Erdatmosphäre entweichen und den Klimawandel beschleunigen würden. Wiesen und Weiden sind somit riesige Kohlenstoffspeicher, die mit Wäldern vergleichbar sind. Sie sorgen für hohe Bodenfruchtbarkeit. Außerdem speichern humusreiche Böden mehr Wasser und können damit längere Trockenperioden überdauern. Durch die traditionelle Fütterungsweise der Heuwirtschaft mit Gräsern, Kräutern und Heu wird das Klima nachhaltig geschützt.